
Der neue Roman von Max Dohner
Im Internet stößt Christian Rupp auf siebzig unverblümte Posts. Deren Verfasser ist der geschasste Michael Hägler, einst Rupps Ressortkollege bei der „Allgemeinen Zeitung“. Im Beruf und Büro stets zugeknöpft breitet Hägler, mit siebzig, plötzlich sein Leben aus: in rauen Short Stories, zarten Romanzen, wilden Erinnerungen, Satiren und Porträts. Rupp sammelt die Einträge und präsentiert sie geordnet in diesem Buch. „Eine Éducation Sentimentale unserer Tage“, erklärt er, „die packt und ergreift.“
Zwei Gegenkräfte prägen Häglers Leben: maximale Härte der Realität und maximale Weichheit des Gefühls. Im Maschinenraum einer Fabrik führen sie zum Drama: Ein Familienstreit gipfelt im Tod des Vaters – oder Mord. Die Polizei sucht einen Einzeltäter und verdächtigt Hägler. Ihm aber kommt es vor, als seien alle ins Unglück getrieben worden von einem Fluch seit Generationen. Hägler entdeckt dessen Schichtung und Muster. Es hilft ihm einerseits, den Zusammenbruch zu überstehen. Und anderseits, Lebensgeheimnisse von herzzerreißender Süße zu enträtseln.
Häglers Posts leuchten in Arbeiterhäuser, Absteigen von Kleinganoven, verlotterten Bauernhöfen, Drogenhöhlen, Drittwelt-Hütten, Domizilen von Kriegsveteranen und Gelehrten. Hägler, ein Schelm mit List, trotz Hang zum Träumer, im Schatten ein kaltblütiger Abenteurer, schwimmt nicht einfach mit. Er mischt sich ein, teilt aus, gerät in Rivalitäten, groteske Händel und Krieg – nicht zuletzt wegen amouröser Obsessionen.
„Wie kommt man heute mit Poesie, Herz und Fantasie durchs Leben? Ohne aufgerieben zu werden im rundum falschen Zauber?“, fragt Christian Rupp. Im Leben Lebenskunst entwickeln – kann das noch gelingen? Unter dem Eindruck von Häglers Posts antwortet Rupp in einem Essay.